Start als “Fußball- und Cricket-Club Eintracht Braunschweig“
Bereits in frühesten Jahren ist Eintracht keineswegs nur ein Fußballverein, wenngleich der Fußball eigentlich immer die führende Rolle im Verein spielt. Aber es ist am 15. Dezember 1895 eben auch das damals beliebte Cricket mit am Start, ebenso wie Rugby und Leichtathletik.
Der Verein betätigt sich zunächst auf dem heutigen Stadthallengelände am Leonhardplatz und auf dem kleinen Exerzierplatz (heute „Haus der Wissenschaft“ und „Naturhistorisches Museum“), was aber lediglich Provisorien sein können, denn den Leonhardplatz muss man sich zuweilen mit Spaziergängern, den Exerzierplatz im Winter mit Eisläufern teilen. Deshalb baut der Verein ein erstes kleines Stadion an der Helmstedter Straße, gegenüber dem Krematorium. Das Stadion, in der Sommerpause 1905 von den Mitgliedern erbaut, erhält einen Holzzaun, feste Tore und eine Holztribüne, die 250 bis 300 Zuschauer fasst.
Cricket verabschiedet sich recht schnell, genauso wie Rugby sich auch nicht lange bei der Eintracht hält. Die Mutterstadt des deutschen Fußballs hat sich für den damals noch so genannten Association Football entschieden. Dementsprechend benennen die Mitglieder den Verein ab dem 12. Oktober 1906 in „Fußball-Club Eintracht“ um. Doch schon 14 Jahre später entschließen sich die Mitglieder, auch mit dem Namen deutlich zu zeigen, dass der Verein mehr ist als nur Fußball. Ab dem 20. Februar 1920 heißt der Verein „Braunschweiger Sportverein Eintracht“. Längst ist aus dem „Fußball- und Cricket-Club“ der Vorläufer des BTSV geworden. Die Mitgliederzahlen entwickeln sich kontinuierlich. 1908 sind es noch 400, 1920 bereits 1.000 Mitglieder.
Der Verein ist nun auf eine Größe angewachsen, die mehr Platz erfordert. Zudem ist das Zuschauerinteresse stetig angewachsen: Als am 28. März 1921 der V.O.C. Rotterdam zu einem Fußball-Freundschaftsspiel in Braunschweig weilt, drängen sich 5.200 Zuschauer an der Helmstedter Straße. Die Kapazität ist erschöpft, die Wachstumsgrenzen sind erreicht, Fußball und Leichtathletik brauchen mehr Platz und alle anderen Abteilungen brauchen eine wirkliche und gemeinsame Heimat.
Hamburger Straße – Platz für alle Abteilungen
Das 1922 gekaufte Areal an der Hamburger Straße zeigt recht deutlich: hier haben Leichtathletik, Fußball und Tennis (seit 1923) Platz; auch die Handballer finden eine Heimat auf dem Stadiongelände des Eintracht-Stadions, denn 1928 ist noch die Zeit des Feldhandballs. Ende der 20er Jahre ist dann auch die Hockeyabteilung an der Hamburger Straße angekommen, man muss nun nicht mehr ans Franzsche Feld ausweichen. 1931 spielen 41 Fußball-, Handball und Hockeymannschaften im Verein. Bis 1945 kommen keine weiteren Abteilungen hinzu.
1945 nähert sich Eintracht seinem heutigen Namen einen letzten, aber gewaltigen Schritt. Über den von den britischen Militärs verhängten Anschluss an den TSV Braunschweig kommt die neueste Abteilung, das Turnen, hinzu. Der Verein gibt sich ab dem 1. April 1949 den bis heute gültigen Namen „Braunschweiger Turn- und Sportverein Eintracht“. Das stetige Abteilungswachstum geht weiter: Schwimmen, Wasserball, Fechten, Basketball sind es bis in die 50er Jahre, in den 80er Jahren gefolgt von Tanzen, Seniorensport, Eissport; 1990 vervollständigt von Schach. Der Gesamtverein entwickelt sich hervorragend.
Genauso zeigen sich die Fußballer: nach der Wiederzulassung zum Wettkampfbetrieb spielen sie jahrelang erfolgreich in der Oberliga Nord, gehören später zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga und holen 1967 sogar die Deutsche Meisterschaft nach Braunschweig. Bis Mitte der 1980er Jahre hält sich der Bundesliga-Fußball erfolgreich in Braunschweig, ehe es 1985 den Abstieg in die 2. Liga gibt.
Vereinsleben in der Defensive
1981 muss der Verein das Stadion aus finanziellen Gründen an die Stadt verkaufen. Dennoch, der Stadt gelingt der Umbau des mittlerweile Städtischen Stadions an der Hamburger Straße in ein wettkampftaugliches Multifunktionsstadion Mitte der 1990er Jahre. Der DLV honoriert dies mit der Vergabe der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 2000 nach Braunschweig. Allerdings hilft diese Meisterschaft dem Verein nicht entscheidend hinsichtlich der Zukunftsorientierung.
Der Fußball und damit der gesamte Verein hängen mit allen Konsequenzen in der 2. Liga fest. In den 1990er Jahren gerät das Vereinsleben dann arg in die Defensive. Spätestens nachdem Eintracht 1993 aus der 2. Liga abgestiegen ist und sich neu sortieren muss, konzentriert sich alles auf den Wiederaufstieg, übriges Vereinsleben und Finanzen geraten ein wenig aus dem Blick. Immer, wenn irgendwo die Rede vom Verein ist, ist eigentlich nur der Fußball gemeint. Die Entwicklung der Mitgliederzahlen stagniert, bis 2006 die Idee der finanziell attraktiven Fördermitgliedschaft geboren wird.
Erst ein Wechsel an der Vereinsspitze 2007 fordert und fördert ein neues Denken im gesamten Verein. Als der Verein 2010 endlich seine Bankschulden abgebaut hat, nutzt er diese gewonnene Handlungsfreiheit, um das Vereinsleben anzukurbeln.
Vereinsleben – neu erwacht
Anlässlich der Jahreshauptversammlung 2010 erklärt Vereinspräsident Sebastian Ebel in einem Interview in der Braunschweiger Zeitung am 4. Dezember u. a. Folgendes:
„Uns ist ganz wichtig, in alle Aktivitäten des Vereins zu investieren. Das war sicher ganz schwierig in den vergangenen Jahren, weil an jeder Ecke das Geld fehlte. Mit einer auch durch den Ausbau verbesserten wirtschaftlichen Lage können wir wieder die zehn Abteilungen sowie die sozialen Projekte, die wir begonnen haben, forcieren. Dazu brauchen wir eine bessere Infrastruktur des Vereins. […] Der Profi-Fußball ist toll und klasse, aber er ist auch ein Mittel, den Verein wieder neu zu positionieren. Das Präsidium möchte einen Verein haben, in dem der Fußball ganz wichtig ist, aber auch die Mittel freischaufelt, die für andere Themen notwendig sind. Anders geht das nicht. Wir möchten das gesamte Vereinsleben stimulieren, damit mehr Kinder und mehr Sportler aktiv werden. […] Wir haben, das ist meine feste Überzeugung, eine besondere Verantwortung für den Sport und für die Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt.“
Sukzessive kommt der Verein diesem Anspruch nach: 2010 kommt als völlig neue Abteilung das Steeldart hinzu. Im selben Jahr wird die Fußball-Abteilung um eine Blindenfußball-Mannschaft erweitert, die in der Deutschen Blindenfußball-Bundesliga startet und sich dort auch schnell etabliert. Obwohl die Landeshauptstadt Sitz des Behindertensportverbandes ist, bringt Braunschweig die erste Blindenfußballmannschaft Niedersachsens organisiert an den Start. Bereits 2012 spielt das Team um die Deutsche Meisterschaft mit. Darüber hinaus soll Braunschweig zum ersten Blindenfußball-Stützpunkt in Niedersachsen ausgebaut werden. In beeindruckender Weise verbinden sich wiedererwachtes Vereinsleben und soziales Engagement.
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